Samstag, 6. September 2008

Kinderkrankheiten



Taina ist krank. Schon seit einigen Tagen war sie etwas unleidlich, aber als sie sich letzte Nacht kaum mehr beruhigen konnte, habe ich sie kurz nach 2Uhr eingepackt und bin mit ihr nach Kassel in das Kinderkrankenhaus "Park Schönfeld" gereist. Kassel vor allem deshalb, weil ich ihr die Hölle Pädiatrie der Göttinger Uniklinik ersparen wollte. Die schlechten Erfahrungen von dort haben mich dazu ermuntert, auch zur frühen Stunde den weiteren Weg auf mich zu nehmen.

Schlecht drauf war sie ja eh schon, aber was nach dem Blutspenden für die Laboruntersuchung los war, brauche ich niemanden detailliert zu beschreiben. Doch richtig anstrengend wurde es erst, als eine Urinprobe verlangt wurde. Nach dem der Urinbeutel fachmännisch von der Nachtschwester installiert wurde, begann das große Warten. Ich fütterte sie erstmal, was einen heftigen Stuhlgang zur Folge hatte. Jedoch ausschließlich vollgeschissen war die Windel. Kein Urin, was eh gleichgültig war- der Urinbeutel war zumindest nicht mehr zu gebrauchen und musste aufgefrischt werden. Weiteres Warten. Nach einer Stunde rumtragen im Behandlungszimmer provozierte ich mit Fencheltee. Plötzlich schlief sie ein. Völlig unerwartet. Unter anderen Umständen hätte ich mich darüber bestimmt gefreut, aber jetzt?! Ich legte sie auf die Behandlungsliege und deckte sie zu. Immer noch musste die Zeit für mich spielen. Mir war langweilig. Zwischenzeitlich fand ich eine Informationsbroschüre, die mir genau die Risiken einer Mastdarmspiegelung darlegte. Nun weiß ich bescheid.

Plötzlich ein kurzer Nöhler- Taina war wieder wach. Der Urinbeutelkontrollblick war positiv und endlich konnte es weitergehen. Sie lag auf einer Art Wickelkommode und ich versuchte sie mit einer frischen Windel etwas besser riechen zu lassen. Nur war die Schwester immer noch nicht aufgetaucht. Da stand ich nun, mit einem Urinbeutel in der Hand, eine halb nackte Tochter vor mir und hatte keine Ahnung, was ich nun mit dem Ding machen sollte. Hinlegen konnte man ihn nicht. Ich schaute verzweifelt durch den Raum. Da, die Rettung! Ich hastete zum Waschbecken und nahm mir einen Einwegkunststoffbecher, in den ich den Beutel reinstopfte. Kurz darauf kam die Ärztin, nahm die Flüssigkeit an sich und präsentierte mir kurz darauf das Ergebnis- auffälliger Wert, stationäre Aufnahme. Sie entschuldigte sich noch damit, dass man das auch gleich hätte haben können, aber ich beruhigte sie. Auf den Urin hätten wir ja so oder so warten müssen.


Typisch für Taina war wieder, das sie es daheim kaum fertig brachte sich zu beruhigen, während sie hier im Krankenhaus nichts besseres zu tun hatte, als mit dem Klinikpersonal zu scheckern, gleichgültig mit wem. Die Ärztin, die Schwester, die Verwaltungsfrau an der Pforte- sie hatte ihren Spaß. Da konnte man schon manchmal in Erklärungsnot geraten.

Wir liefen den Gang entlang, an einem riesigen Aquarium vorbei zum Aufzug, der uns auf die Station beförderte. Wir wurden in einem Zimmer zwischengelagert, das von zwei Jungs belagert wurde. Der eine jüngst ohne Blinddarm, der andere mit Herzbeschwerden. Der Herzbeschwerdenjunge hieß Markus und seine Lieblingsbeschäftigung bestand darin, die Notbimmel zu benutzen. Ständig ließ er sich Schwesternschülerin Constanze kommen, der er sein Leid klagen konnte. Übelkeit, Kopfweh, Bauchschmerzen, Heimweh. Die ganze Palette. Ich kam zu dem Entschluss, das er sie, auf seine frühpubertäre Art wohl sehr gern hatte. Und wenn man sich ihre Augen genau ansah, hatte er vollkommen recht!

Taina wurde ins Behandlungszimmer gebeten. Eine weitere Blutentnahme zur genaueren Bestimmung ihres Gebrechens. Aber diesmal nicht nur mit einem kleinen Stich in den Finger. Weil ihr Speck an den Armen der Ärztin keine Vene freigab, wurde ihr die Braunüle oberhalb der Stirn in eine deutlich sichtbare Blutbahn eingepflanzt. Ich konnte gar nicht hinschauen und bei Taina war die Stimmung freilich auch spitze. Danach wurde gleich eine Infusion angeschlossen (siehe Foto), durch die, wie ich mir einredete, jede Menge Wissen und kognitive Fähigkeiten in sie hinein gepumpt wurde. Sie dürfte also ab nächster Woche lesen und schreiben können und in der Lage sein , einen Nazi auf der Straße als solchen zu erkennen, um ihn daraufhin ordentlich anzublähen. Danach bekam sie so eine lustige Netzhaube auf, die mich dazu verleitete, ihr anzubieten, sie könne damit heute auch gleich in der Krankenhauskantine anfangen. Stimmung bei dem anwesenden Pflegepersonal.


Später wurde ihr noch, mittels einer Kanüle, Urin direkt aus der Blase entnommen. Fand sie wiederum auch nicht komisch. Wir wechselten später das Zimmer und ich beschäftigte mich damit, das Infusionsgerät technisch so zu modifizieren (siehe anderes Foto), das es zur schnelleren Genesung beitragen würde. Vielleicht könnte das Bordwerkzeug aus dem Auto helfen? Die These war einfach: Wenn ich die Dosis verdreifache, dann verkürzt sich doch die vorausgesagte Aufenthaltsdauer von einer Woche auf knapp 2 Tage! Stimmig? Aber irgendwas hielt mich dann doch zurück. Vielleicht war es auch Lernschwester Constanze, die mich mit ihren Rehaugen und ihrer Fürsorge ständig irritierte und ablenkte.


Ich bin hoch zufrieden mit dem Krankenhaus- zumindest bis jetzt! Der Verdacht der Harnwegsinfektion hat sich bis jetzt nicht erhärtet. Eine Sache ist da aber, die mir etwas unsachlich erschien. Nämlich die Bettwäsche, die Taina in ihrem Bettchen zur Verfügung gestellt bekommen hat. Nicht das sie jetzt denkt, das Elefanten grün sind und ich sie wieder ewig lange umerziehen muss: Die sind nämlich blau!


2 Kommentare:

Eva hat gesagt…

Der arme kleine Krümel. :(
Hoffentlich wird sie ganz schnell wieder gesund. Drücke ganz fest die Daumen.

Eva hat gesagt…

Hei, wo bleibt der Entwarnungsbericht? Die Welt wartet gebannt auf eine Entwarnung.