Montag, 29. September 2008

Odyssee in NRW


3 verliert. Denn auch die dritte Reise nach Düsseldoof wurde zum sportlichen Desaster. Die Fahrt allerdings auch. Städtereisen für 23,50€, mit dem NRW-SchönerTagTicket, jetzt auch mit Hessischen Metropolen!

Ich wollte da nie wieder hin! Noch nie gab es in- wie es Dieter Nuhr einmal so schön gesagt hat- "München light" etwas zu holen. Trotzdem. Freitagabend manifestierte sich der Gedanke, Samstag morgen, in aller Frühe wurde gehandelt. Jetzt war es enorm wichtig, die Fahrt so zu planen, dass ich dem Erfurter Zugfahrermob entgehen würde, der vermutlich die gleiche Strecke wählte. Vor zwei Jahren bin ich einmal versehentlich hineingeraten (ebenfalls auf dem Weg nach Düsseldorf) und dies gehört zu den Dingen, die man nur einmal mitgemacht haben muss.

Große Überraschung- der Plan schlug fehl. Ich steige also in meinem wohnörtlichen Bahnhof zu und schon war jegliche Taktik dahin. Der Zugfahrermob! Verfluchte Scheiße. Hoffen auf Kassel. Der Zug in Richtung Hagen wird für gewöhnlich so aufgeteilt, dass ein Waggon, respektive Abteil für die Kaputten frei gehalten wird. Aber die Bundespolizei versagte heute derart gnadenlos, das es genauso gut auch ohne Landsknechte gegangen wäre. Der Mob verteilte sich auf den gesamten Zug. Ab Warburg ("denn da ist noch weniger los" E.R. 2008) gab es zwei Optionen. Weiter nach Hagen und von dort nach Düsseldorf, oder über Hamm. Zeitliche Differenz: Lediglich 7 Minuten. Ich wartete also, was in Warbug passierte. Aber dank der guten Informationspolitik des SKB`s und der Bundespolizei kam es erneut zum Desaster. Erst stiegen alle aus (die meisten waren so betrunken, dass es eh nur ein Schwarmfischverhalten war) und ich freute mich schon. Endlich Ruhe und Frieden. Plötzlich stürmte ein Teil wieder in den Zug zurück. Nein, bitte nicht. Geht wieder raus!

In meinem Kopf hörte ich plötzlich diese Melodie aus meinen Kindertagen:"Und wenn ich mal groß bin, damit ihr es wisst, dann werde ich auch so ein Volkspolizist!" Damit gratulierte ich den staatlichen Ordnungskräften zu dieser grandiosen Leistung. Der Mob war gesplittet. Der eine Teil im Zug nach Hamm, der andere nach Hagen. Mit mir. Na dann kämpft doch an zwei Fronten. Jetzt habt ihr zwei Baustellen wegen eurer kognitiven Suboptimierung. Ich war pissig ohne Ende und wusste, dass ich heute stark gefährdet war, wegen Beamtenbeleidigung ein Verfahren angehängt zu bekommen.
Und jetzt? Zwei Stunden lang Sexismus, Verhöhnung von Bürgern aus den alten Bundesländern, Rassismus und Homophobie. Verflucht.

Düsseldorf. Endlich da. Wir wurden direkt vom Zug in die Bimmel gesteckt und ohne Umwege zum Stadion transportiert. Ach richtig, es heißt ja nicht mehr Stadion, sondern Arena. Alles unspektakulär. Außer ein Mann der die Fressbudenfrau anschrie: "ICH HÄTTE GERNE EINE BRATWURST, DIE GRÖSSER IST ALS DAS BRÖTCHEN!!!" Echt mal. Ich musste ihm recht geben.

Direkt nach der Niederlage wurde es stressig. Schnell zurück zur Straßenbahn. Der Zug fuhr leider sehr zeitnah.
Auf dem Weg zum Bahnhof kam die Bahn plötzlich zum stehen. Vor uns war eine andere Tram zum Erliegen gekommen. Es ging nichts mehr. Der ganze Wagen gerammelt voll mit frustrierten Menschen und dann sowas. Nach gut 20 Minuten wurde die Fahrt fortgesetzt, der Zug war freilich nicht mehr zu erreichen. Wir standen auf dem Bahnsteig und die Landespolizei war ratlos. Aber immer noch faul genug, als das es ihnen egal war, in welchem Zug wir die Stadt verlassen würden. Wir wurden in einen IC in Richtung Köln geschoben. Denn wenn wir erstmal im Zug sind, ist wieder die Bundespolizei zuständig. Also fuhren wir nach Köln, ohne tatsächlich zu wissen, was wir da sollten. Köln. Spitze! Der Mob nahm den Aufenthalt gleich zum Anlass, um neuerlich homophobische Parolen durch die Bahnhofshalle zu grölen und nun wussten wirklich alle, dass Köln doch eine Hauptstadt ist. Sehr peinlich. Und nun? Nach gut einer Stunde warten durften wir dann mit dem ICE nach Frankfurt fahren. Nach wie vor vollkommen falsche Richtung. Ich hatte viel Mitleid für die regulären Zugreisenden übrig, für die der unerwartete Einfall von Bekloppten sicherlich nicht sehr angenehm gewesen sein dürfte. Für mich aber auch nicht- ich war nun schon den ganzen Tag mit den Individuen unterwegs, von denen ich mich eigentlich schon am frühen Morgen distanzieren wollte.

Ich saß nun in einer lustigen Gruppe von Damen mittleren Alters. Sie sprachen einen badischen Dialekt und ich fühlte mich stark an "Familie Heinz Becker" erinnert, zumal die eine auch so komisch kichern konnte. Sehr amüsant. Wir fuhren durch die Landschaft und mir wurde etwas komisch. Als ich über allen Köpfen ein Display entdeckte und feststellen musste, das die Umgebung mit 304 km/h an uns vorbei getragen wurde. So eine kranke Scheiße! Was da alles hätte passieren können. Ich war gewillt, dem Zuglenker mal nach seiner geistigen Verfassung in Augenschein zu nehmen. Nur Bekloppte. Sowas!
Frankfurt Flughafen. Ich war noch am Leben. Umsteigen in den ICE nach Erfurt. Jetzt sollte ich langsam beginnen, meine Heimfahrt zu planen. Für den Zugfahrermob war die Sache nun geritzt. Der Zug brachte sie nach Hause. Aber ich wollte ja wieder nach Witzenhausen. Glück für mich. Er hielt in Bad Hersfeld. Von dort konnte ich den Zug nach Kassel nehmen und mit etwas Geduld würde ich dann den letzten Zug Richtung Göttingen bekommen.

Im Zug nach Erfurt saß gegenüber eine vierköpfige Familie. Der Sohn, etwa acht oder neun Jahre alt, fand doch sehr gefallen an der Fäkalsprache, die plötzlich im Waggon Einzug hielt. Mutter und Vater jedoch sahen ihre Fälle davon schwimmen. Jahrelange Erziehung an einem Abend zu nichte gemacht. "Was glauben sie, wie lange sie zur Resozialisierung brauchen werden?", fragte ich die Mutter. Sie zog unglücklich die Schultern nach oben und ihr Gesicht war gezeichnet von Verzweiflung und Unwohlsein. Jeden Augenblick rechnete sie mit einem neuen verbalen Angriff auf die Ohren ihres Sohnes, der ihn nun vollkommen ruinieren könnte.

In Bad Hersfeld habe ich den Zug verlassen. Den Mob war ich nach insgesamt 14 Stunden endlich los. Es war mittlerweile 21.45 Uhr. Und um 0.30Uhr war ich wieder in Witzenhausen.
Eigenartig war, dass die Heimfahrt so kurios, aufwendig und umständlich wurde, dass ich in Kassel beim GrillettenKönig saß und vollkommen vergessen hatte, weshalb ich heute überhaupt unterwegs war. Das Fußballspiel in Düsseldoof war vollkommen abhanden gekommen und es dauerte tatsächlich einige Momente, bis es wieder ins Gedächtnis zurückbeordert wurde.

Spitzen Tag. Alles für 23,50€.

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